Freitag, 18. Oktober 2013

Misere der Spieleentwicklung


Gerne freue ich mich auf neue Spiele und ich zelebriere den Kauf solcher Produkte immer sehr inständig. Doch in letzter Zeit bin ich von der Freude über neue Spiele abgekommen. Woran liegt das? Zum einen habe ich mich als Konsument gewandelt.

Ging es mir früher um schneller, höher, weiter geht es mir mittlerweile mehr denn je um Content.  

Ich habe genug Spiele, welche mir mal den schnellen Kick verschaffen und mich kurzfristig beschäftigen. Doch Spiele die lange von mir gespielt werden kann man an einer Hand abzählen. Doch genau das ist es was ich für mich suche. Schnelle Shooter sind mir mittlerweile zuwider. Einzig Spiele mit einer linearen Handlung, welche mich von einer Deckung zum nächsten Quick Time Event hasten lassen, törnen mich noch mehr ab. Ich suche die Herausforderung in komplexeren Spielen, welche mich über Tage und Wochen fesseln können. Natürlich gibt es hier Beispiele mit denen ich mich sehr beschäftige. Ich bin ein großer Fan der Civilization-Reihe, der Anno-Reihe und Spiele wie Forza und Gran Tourismo stehen auf meiner Most-Wanted Liste ganz vorne. Doch wie kommt es, dass ich das Forza III besser fand als IV und bei Anno den letzten Teil, gleich wieder verkauft habe?

Vom Startup bis zum Big-Boss, das Risiko bleibt.

Und genau diese Fragestellung bringt mich zum eigentlichen Thema. Die Spiele Entwicklung hat sich in den letzten Jahren bis Jahrzehnten offensichtlich genauso gewandelt, wie ich mich als Konsument. Die Produktionen sind aufwändiger, der Erfolgsdruck größer und die Erwartungen der Konsumenten an sich höher. Das Medium hat sich dazu noch stark geändert, jeder hat jederzeit alle Informationen zum Spiel und so verlieren die Spielmechaniken ihren mystischen Charme.

Was früher kleine Startups waren, die bei einem Misserfolg ohne Aufsehen wieder verschwunden sind, sind heute Konzerne die Milliarden bewegen und die mehrere Jahre auf ein einzelnes Produkt setzen müssen um ein Top-Spiel zu veröffentlichen. Damit sind die Produktionskosten deutlich gestiegen, wobei das Risiko immer noch immens für das Unternehmen ist. Nicht wenige Top-Entwickler Studios sind trotz vergleichsweise hochwertigen Spielen in den Konkurs gerutscht, wenn nicht die Gunst vieler Konsumenten errungen werden konnte. Dadurch sind es mittlerweile wenige Großkonzerne, welche sich vor allem durch langjährige Spielereihen finanzieren.  

Beispiel: God of War

Da diese Risiko-Situation einen Fehltritt kaum mehr erlaubt, sind die Spiele an sich auch so gestaltet, dass Sie allen gefallen müssen.  Das bedeutet kaum Experimente in grundlegenden Mechaniken. So gibt es mittlerweile zu jedem neuen sich bewährenden Konzept hunderte Ableger die genau das gleiche, maximal in einem anderen Universum oder Stil, machen. Ein sehr gutes Beispiel ist hier das Spiel God of War. Als sogenanntes Action Adventure, mehr Hack`n`Slay als Adventure, prügelt man sich durch massive Gegnerhorden um nachher in einem episch dargestellten Kampf gespickt mit Quicktime Events einen riesigen Bossgegner zu töten. Das Spiel kombinierte damit zwei Spielmechaniken und war so erfolgreich, dass neben der eigenen Serie noch unzählige andere Spieleklone indentischer Systeme hervorgebracht hat. So könnte man heute eine eigene Rubrik: God of War Clones benennen.

Beispiel: Autoporno

Natürlich gibt es auch Ausnahmen und die oben genannten Spiele sind schon gut. Doch auch bei diesen Spielereihen ist ähnliches zu erkennen. Die Spiele müssen heute einfach zugänglich sein, dürfen nicht zu schwer sein und zudem noch in einer brillanten Optik daherkommen. So hat man zum Beispiel das Gefühl, dass die Optik heute weit mehr Probleme produziert als Sie Vorteile bringt. Glorreiches Beispiel ist hier Gran Tourismo. Der fünfte Teil der Serie war optisch brillant. Doch das ambitionierte Projekt scheint sich so sehr mit der Grafik beschäftigt zu haben, dass der Teil zu früh veröffentlicht wurde. Nicht mal die Hälfte der Autos verfügte über eine der hochgelobten eigenen Cockpit-Ansichten. Das angekündigte Schadensmodell war praktisch von optischer Natur und gelinde gesagt lachhaft. Selbst bei einem Unfall mit 300km/h hat das Auto lediglich ein paar Kratzer erlitten. Die Ladezeiten sind extrem lang und oft. Die Liste lässt sich noch sicherlich über Stunden fortführen, doch der Punkt ist schlicht und einfach: Zu viele Autos, mit zu geiler Grafik reduzieren die Kapazitäten für nötige Innovationen um das Spiel innovativ zu halten. Deswegen konnte meiner Meinung nach Forza mit dem dritten Teil eine bessere Performance liefern als GT5. Obwohl sich dies mit dem vierten Teil von Forza schon wieder relativiert hat.

Gaming Fastfood

Dadurch ist ein Teufelskreis entstanden, welcher durchaus auch in anderen Konsumkreisen vorhanden ist. So lässt sich ohne weiteres eine direkte Linie zu Fastfood ziehen. Die Spiele werden standardisiert, schneller und flacher. Somit kommt es, dass nach und nach die Spieler sich an diese Art Spiele gewöhnen. Das sorgt für eine breite Aktzeptanz von seichten Spielen, welches weitere Innovationen in immer kleineren Bereichen vorkommen lässt. So kommt es zu einem innovativen Stillstand bis Rückschritt unter den Top-Titeln.
Doch wie können wir diese Misere durchbrechen und in Zukunft wieder hochwertige Spiele nutzen? Das ist ziemlich simpel. Bewusstes Konsumieren heißt das Zauberwort. Genauso wie zu viel Fastfood dick macht, lässt zu viel Gaming-Fastfood den Spielemarkt verkümmern.  Es spricht nichts dagegen mal einen tollen interaktiven Film wie Heavy Rain, The last of Us oder Beyond Two Souls zu spielen. Doch sollten wir uns als Gamer schon bewusst werden, wofür wir Geld ausgeben und was man unterstützt. Die heutige Informationskultur gibt uns doch schon sehr genaue Informationen bevor wir kaufen und genau dies bewusst zu nutzen kann den Spielemarkt verändern.

Kein Boykott doch Veränderung

Dies ist kein Aufruf zum Boykott von seichten Spielen, auch ich lasse mich manchmal gerne berieseln, doch sollten wir uns im Klaren sein, was wir uns gefallen lassen und was nicht. Ich habe für mich ein paar klare Regeln aufgestellt, die vor allem die hinzunehmenden Geschwüre für mich eingrenzen.

Das es auch Ausnahmen gibt stimmt mich froh, und gerade in den letzten zwei bis drei Jahren hat es dort einen guten Sprung gegeben. So konnte ich für mich die Europa Universalis und Kerbal Space Program entdecken. Abschließend kann man wohl sagen, dass eine Veränderung durch die großen Publisher nicht zu erwarten ist und wir nur durch unser bewussteres Konsumverhalten den Markt anpassen können.

Bis wir das erreicht haben, viel Spass beim Zocken
euer ORlo

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