Gerne freue ich mich auf neue Spiele und ich zelebriere den
Kauf solcher Produkte immer sehr inständig. Doch in letzter Zeit bin ich von
der Freude über neue Spiele abgekommen. Woran liegt das? Zum einen habe ich
mich als Konsument gewandelt.
Ging es mir früher um schneller, höher, weiter geht es mir
mittlerweile mehr denn je um Content.
Ich habe genug Spiele, welche mir mal den schnellen Kick
verschaffen und mich kurzfristig beschäftigen. Doch Spiele die lange von mir
gespielt werden kann man an einer Hand abzählen. Doch genau das ist es was ich
für mich suche. Schnelle Shooter sind mir mittlerweile zuwider. Einzig
Spiele mit einer linearen Handlung, welche mich von einer Deckung zum nächsten Quick
Time Event hasten lassen, törnen mich noch mehr ab. Ich suche die Herausforderung
in komplexeren Spielen, welche mich über Tage und Wochen fesseln können. Natürlich
gibt es hier Beispiele mit denen ich mich sehr beschäftige. Ich bin ein großer
Fan der Civilization-Reihe, der Anno-Reihe und Spiele wie Forza und Gran
Tourismo stehen auf meiner Most-Wanted Liste ganz vorne. Doch wie kommt es,
dass ich das Forza III besser fand als IV und bei Anno den letzten Teil, gleich
wieder verkauft habe?
Vom Startup bis zum Big-Boss, das Risiko bleibt.
Und genau diese Fragestellung bringt mich zum eigentlichen
Thema. Die Spiele Entwicklung hat sich in den letzten Jahren bis Jahrzehnten offensichtlich
genauso gewandelt, wie ich mich als Konsument. Die Produktionen sind
aufwändiger, der Erfolgsdruck größer und die Erwartungen der Konsumenten an
sich höher. Das Medium hat sich dazu noch stark geändert, jeder hat jederzeit
alle Informationen zum Spiel und so verlieren die Spielmechaniken ihren
mystischen Charme.
Was früher kleine Startups waren, die bei einem Misserfolg ohne
Aufsehen wieder verschwunden sind, sind heute Konzerne die Milliarden bewegen
und die mehrere Jahre auf ein einzelnes Produkt setzen müssen um ein Top-Spiel
zu veröffentlichen. Damit sind die Produktionskosten deutlich gestiegen,
wobei das Risiko immer noch immens für das Unternehmen ist. Nicht wenige
Top-Entwickler Studios sind trotz vergleichsweise hochwertigen Spielen in den
Konkurs gerutscht, wenn nicht die Gunst vieler Konsumenten errungen werden
konnte. Dadurch sind es mittlerweile wenige Großkonzerne, welche sich vor allem
durch langjährige Spielereihen finanzieren.
Beispiel: God of War
Da diese Risiko-Situation einen Fehltritt kaum mehr erlaubt,
sind die Spiele an sich auch so gestaltet, dass Sie allen gefallen müssen. Das bedeutet kaum Experimente in grundlegenden
Mechaniken. So gibt es mittlerweile zu jedem neuen sich bewährenden Konzept hunderte
Ableger die genau das gleiche, maximal in einem anderen Universum oder Stil,
machen. Ein sehr gutes Beispiel ist hier das Spiel God of War. Als sogenanntes Action
Adventure, mehr Hack`n`Slay als Adventure, prügelt man sich durch massive
Gegnerhorden um nachher in einem episch dargestellten Kampf gespickt mit
Quicktime Events einen riesigen Bossgegner zu töten. Das Spiel kombinierte
damit zwei Spielmechaniken und war so erfolgreich, dass neben der
eigenen Serie noch unzählige andere Spieleklone indentischer Systeme hervorgebracht hat. So könnte
man heute eine eigene Rubrik: God of War Clones benennen.
Beispiel: Autoporno
Natürlich gibt es auch Ausnahmen und die oben genannten
Spiele sind schon gut. Doch auch bei diesen Spielereihen ist ähnliches zu
erkennen. Die Spiele müssen heute einfach zugänglich sein, dürfen nicht zu
schwer sein und zudem noch in einer brillanten Optik daherkommen. So hat man
zum Beispiel das Gefühl, dass die Optik heute weit mehr Probleme produziert als
Sie Vorteile bringt. Glorreiches Beispiel ist hier Gran Tourismo. Der fünfte Teil
der Serie war optisch brillant. Doch das ambitionierte Projekt scheint sich so sehr
mit der Grafik beschäftigt zu haben, dass der Teil zu früh veröffentlicht wurde.
Nicht mal die Hälfte der Autos verfügte über eine der hochgelobten eigenen Cockpit-Ansichten.
Das angekündigte Schadensmodell war praktisch von optischer Natur und gelinde
gesagt lachhaft. Selbst bei einem Unfall mit 300km/h hat das Auto lediglich ein paar
Kratzer erlitten. Die Ladezeiten sind extrem lang und oft. Die Liste lässt sich
noch sicherlich über Stunden fortführen, doch der Punkt ist schlicht und
einfach: Zu viele Autos, mit zu geiler Grafik reduzieren die Kapazitäten für
nötige Innovationen um das Spiel innovativ zu halten. Deswegen konnte meiner
Meinung nach Forza mit dem dritten Teil eine bessere Performance liefern als
GT5. Obwohl sich dies mit dem vierten Teil von Forza schon wieder relativiert
hat.
Gaming Fastfood
Dadurch ist ein Teufelskreis entstanden, welcher durchaus
auch in anderen Konsumkreisen vorhanden ist. So lässt sich ohne weiteres eine
direkte Linie zu Fastfood ziehen. Die Spiele werden standardisiert, schneller
und flacher. Somit kommt es, dass nach und nach die Spieler sich an diese Art Spiele gewöhnen. Das sorgt für eine breite Aktzeptanz von seichten Spielen, welches weitere Innovationen in immer kleineren Bereichen vorkommen lässt. So kommt es zu einem innovativen Stillstand bis Rückschritt unter den Top-Titeln.
Doch wie können wir diese Misere durchbrechen und in Zukunft
wieder hochwertige Spiele nutzen? Das ist ziemlich simpel.
Bewusstes Konsumieren heißt das Zauberwort. Genauso wie zu viel Fastfood dick
macht, lässt zu viel Gaming-Fastfood den Spielemarkt verkümmern. Es spricht nichts dagegen mal einen tollen interaktiven Film wie Heavy Rain, The last of Us oder Beyond Two Souls zu
spielen. Doch sollten wir uns als Gamer schon bewusst werden, wofür wir Geld
ausgeben und was man unterstützt. Die heutige Informationskultur gibt uns doch
schon sehr genaue Informationen bevor wir kaufen und genau dies bewusst zu nutzen
kann den Spielemarkt verändern.
Kein Boykott doch Veränderung
Dies ist kein Aufruf zum Boykott von seichten Spielen, auch
ich lasse mich manchmal gerne berieseln, doch sollten wir uns im Klaren sein,
was wir uns gefallen lassen und was nicht. Ich habe für mich ein paar klare
Regeln aufgestellt, die vor allem die hinzunehmenden Geschwüre für mich
eingrenzen.
Das es auch Ausnahmen gibt stimmt mich froh, und gerade in
den letzten zwei bis drei Jahren hat es dort einen guten Sprung gegeben. So
konnte ich für mich die Europa Universalis und Kerbal Space Program entdecken. Abschließend
kann man wohl sagen, dass eine Veränderung durch die großen Publisher nicht zu
erwarten ist und wir nur durch unser bewussteres Konsumverhalten den Markt
anpassen können.
Bis wir das erreicht haben, viel Spass beim Zocken
euer ORlo
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