Dienstag, 19. November 2013

DiaryZ - ORlo - Part 4: Tot in Grau


Brain läuft etwa 20 Meter weiter rechts von mir. Beide haben wir die Waffen im Anschlag und rücken schnell in geduckter Haltung vor, während der Techniker am Helikopter zurückbleibt, um die Stellung zu halten. Es ist kein Geräusch zu hören, alles ist totenstill. Nur ein leichtes knacken als wir von der Lichtung in die Böschung verschwinden. Wie weit war der Schuss entfernt? Vielleicht zweihundert bis dreihundert Meter? Wieder suche ich Blickkontakt zu Brain. Ich geh noch zwei Schritte und bemerke ein starkes Pochen im Knie. Die Prellung. Ach man, das geht jetzt nicht. Brain scheint es bemerkt zu haben und sucht Schutz an einer kleinen Tanne. Ich lehne mich ebenfalls an einen Baum und versuche das Bein zu strecken. Schmerz durchfährt meinen ganzen Körper und dennoch bleibt keine Zeit zum Ausruhen.

Auf einmal ein Knacken rechts von uns. Ich zieh mein Gewehr hoch und suche den Wald ab. Nichts zu sehen. Doch da bewegt sich etwas. Ich kann es nicht genau erkennen, die Dämmerung nimmt die Konturen. Auf einmal ein Zeichen und ein leises „nicht schießen“. Unser wandelnder DMR Busch hat sich an die rechte Seite gesellt. Beruhigt nun in der Mitte einer drei Mann Truppe zu laufen, versuche ich mich aufzurichten. Das Bein schmerzt, doch wir müssen weiter.

Langsam rücken wir einen kleinen Hügel empor. Dahinter muss geschossen worden sein. Als wir den Hügelkamm erreichen, legen wir uns hin und unser Busch späht auf der anderen Seite herunter. „Nichts zu sehen.“ Ich entspanne mich und konzentriere mich wieder darauf nicht vor Schmerzen verrückt zu werden. Gerade entweicht mir ein leises Stöhnen, als auf einmal eine graue Gestalt durch das Unterholz bricht und mit voller Geschwindigkeit auf uns zuhält. Sie ist klein wie ein Kind, bullig wie ein Zwerg und doch zugleich ungeheuer schnell. Wieder kracht ein Schuss. Diesmal ganz nah. Selbst das Pfeifen der Kugel war zu hören. Ein Schmerzensschrei ergänzt den Hall des Schusses. Die kleine graue Gestalt, eben noch schnell, agil und bedrohlich wie ein Dämon aus der Urzeit, liegt nun keuchend im Gras.

Ich liege noch immer in meiner Deckung und beobachte durch mein Visier die Szenerie. Da, auf der anderen Seite der Böschung kommt was durch den Wald. Auch Brain neben mir macht einen unruhigen Eindruck. Doch hat er nicht die Waffe erhoben, er starrt noch immer in Richtung des Opfers. Von dem kommt noch immer dieser grelle Schmerzensschrei. Brain steht auf und zieht die Pistole. Ohne auch nur über den Schützen nachzudenken, geht er zu dem angeschossenen, entsichert die Waffe und schießt. Während der erste Schuss die jähen Schreie eröffnete, hat dieser sie nun beendet. Keine Regung durchfährt dem kleinen Körper mehr. 

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